Von Rüdiger Plantiko
Bartolo Longo, das Heiligtum von Pompeji und das Gnadenbild
Am Sonntag, den 19. Oktober 2025 wurde Bartolo Longo (1841-1926) in Rom von Papst Leo XIV. heiliggesprochen. Für die Kirche ist sein Name vor allem mit der Päpstlichen Wallfahrtsbasilika Unserer Lieben Frau vom Rosenkranz von Pompeji verknüpft, die jährlich von drei Millionen Pilgern aus aller Welt besucht wird. Besonders das Gnadenbild, das Bartolo Longo dort am 13. Februar 1876 zur Verehrung aufstellen ließ, zieht viele Menschen an – denn schon am selben Tag ereignete sich das erste Heilungswunder: die zwölfjährige Clorinda Lucarelli wurde vollständig von ihrer Epilepsie geheilt.
Das Gnadenbild zeigt die Gottesmutter Maria und, auf ihrem Bein sitzend, das Jesuskind. Sie übergeben jeweils einen Rosenkranz an den heiligen Dominikus und an die heilige Katharina von Siena (ursprünglich stellte die Empfängerin zur Rechten die heilige Rosa von Lima dar, aber Bartolo Longo hatte das Bild überarbeiten lassen mit der Bitte, die heilige Rosa durch die heilige Katharina von Siena zu ersetzen, da diese für ihn eine besondere geistliche Bedeutung hatte).
Das Leben von Bartolo Longo verlief nicht geradlinig. Obwohl er in einem gläubigen katholischen Elternhaus aufgewachsen war, kam er in seiner Studienzeit in Neapel vom rechten Wege ab. Wie viele in unserer materialistischen Zeit, verfiel er der Faszination des Spiritismus.
Die gefährliche Faszination des Spiritismus
Je materialistischer der allgemeine Zeitgeist, umso umwerfender wirkt es auf Menschen, wenn sie erfahren, dass es neben dieser sichtbaren, materiellen Welt noch unsichtbare Seinsbereiche gibt, die nicht weniger wirklich sind als die irdische Welt. Wir wissen es ja aus dem Glauben, dass Gott «Himmel und Erde schuf» (Gen 1,1), also nicht nur die materielle Welt, sondern auch rein geistige Wesen. Diese – wie wir Menschen mit Verstand und freiem Willen ausgestattet – blieben jedoch nicht alle bei Gott, sondern eine große Zahl fiel ab, so dass seitdem in den übersinnlichen Seinsbereichen ein gewaltiger Kampf zwischen den Mächten des Lichtes und der Finsternis tobt (vgl. Eph 6,12).
Es geschieht in väterlicher Fürsorge, dass diese Welt normalerweise unserer Wahrnehmung entzogen ist – zu gewaltig wären für unsere schwachen Seelen die Kämpfe, die sich dort abspielen. Wir liefen Gefahr, unseren Standespflichten in dieser Welt nicht mehr gewachsen zu sein oder gar den Verstand zu verlieren. Unser Übungsfeld ist genau diese Welt hier, mit ihren Prüfungen und ihren Pflichten – das ist gerade unsere Kragenweite. Hier begegnen uns die Versuchungen, zu denen uns auch die Kraft gegeben ist, ihnen zu widerstehen. Hier ist auch das Feld, in dem wir die Liebe leben können und sollen – zu Gott und zu den Menschen, die uns gegeben sind.
Aber Gott nimmt unseren freien Willen vollkommen ernst: Menschen, die ihre Freiheit dazu missbrauchen, mit den unsichtbaren Welten Verbindung aufzunehmen, sei es aus Neugier oder weil sie sich einen persönlichen Vorteil davon versprechen, wird dies unter Umständen wirklich möglich. Wer dann – weil er eigentlich stark dem materialistischen Zeitgeist zuneigt und selbst gar nicht recht von der Wirklichkeit des Übersinnlichen überzeugt ist – etwas erlebt, was nach dem herrschenden materialistischen Dogma vollkommen unerklärlich ist, ist dann oft so fasziniert, dass er sich mit Haut und Haaren der erstbesten Intelligenz verschreibt, die sich ihm dort zuwandte – natürlich ohne Gebet um Gnade, ohne Demut, ohne die Geister zu unterscheiden, allein vom Glanz der Erscheinung geblendet.
Die Bekehrung
Etwa in dieser Art muss auch der heilige Bartolo Longo auf Abwege geraten sein: was mit Tischrücken und spiritistischen Sitzungen begann, endete schließlich in seiner Weihe zum Priester in einem satanistischen Kult. Weil er sich so eng mit diesen Mächten verbunden hatte, war er auf einem körperlichen und seelischen Selbstzerstörungskurs. Obwohl er dies irgendwann einsah, schien es ihm unmöglich, aus diesem Bannkreis jemals wieder herauszukommen.
Ein Universitätsprofessor aus seiner Heimatstadt sah seine Nöte und vermittelte ihn einem Pater, der ihm helfen könne. Unter der Anleitung dieses Paters gelang es Bartolo Longo, den Rosenkranz zu beten (wir wissen, dass es für Menschen, die im Bann der Gegenmächte stehen, unendlich schwierig ist, ins Gebet zu kommen). Es war dieser Pater Alberto Radente, bei dem er bald darauf eine Beichte ablegte und wieder zurückkehrte in die Kirche. Pater Radente war es auch, der ihm das spätere Gnadenbild schenkte – es war ursprünglich ein abgenutztes Gemälde aus dem Rosariello-Kloster in Neapel.
In großer Dankbarkeit widmete Longo sein restliches Leben der Verehrung und Verbreitung des Rosenkranzes – der ihm das Leben gerettet hatte. Er wurde 1871 Dominikaner des Dritten Ordens. Heute verehren wir nicht nur den Rosenkranz, sondern auch den heiligen Bartolo Longo selbst, als Apostel des Rosenkranzes. Seine letzten Worte vor seinem Tod am 5.10.1926 waren: «Mein einziger Wunsch ist es, Maria zu sehen, die mich gerettet hat und die mich aus den Klauen Satans retten wird.»
Was können wir aus seinem Leben lernen?
Wir lernen vor allem, dass es nie zu spät ist für Buße und Umkehr. Es ist ein verhängnisvoller Irrtum zu glauben, dass man in einer bestimmten Situation rettungslos verloren sei – dies zu glauben ist eine teuflische Suggestion. Selbst wer sich ganz offen den Gegenmächten verschworen hat, kann umkehren und gerettet werden, wenn er aus tiefstem Herzen bereut.
Weiter lernen wir, dass in einem Zeitalter, das nur die materielle Welt als wirklich ansieht, die Erfahrung der Wirklichkeit des Übersinnlichen einen so mächtigen Eindruck macht, dass ein unvorbereiteter und nicht im Glauben stehender Mensch dadurch auf schwerste Abwege geraten kann. Hüten wir uns vor Experimenten, vor Neugierde und Sensationslust! Bleiben wir immer im Geist des Gebets! Wenn wir uns an nichtkörperliche Wesen wenden – nämlich an unseren Schutzengel, an die göttlichen Hierarchien und an die Heiligen – so tun wir dies im Gebet und in der Einheit mit der ganzen Kirche.
Wir lernen auch – wieder einmal! – die große Macht des Rosenkranzes. «Es gibt keine Not, kein Problem, das nicht mit dem Rosenkranz gelöst werden könnte», erklärte Schwester Lúcia dos Santos von Fátima. Gepriesen sei dieses großartige Geschenk des Himmels, das uns den Geist des Gebets wieder ins Herz legen kann – also die Erhebung der Seele zu Gott, wie es der heilige Johannes von Damaskus erklärte.
Gebet
Wir danken Dir, Herr, dass Du selbst das Böse, das wir im Sinn haben, noch zum Guten wandeln kannst – wie es schon Joseph in Gen 50,20 pries! Führe uns auf Deinen Wegen und lass uns nicht irre gehen! Stärke unseren Glauben, unsere Liebe, unsere Hoffnung, denn dies sind Deine Gnadengaben an uns.
Wir danken Dir, Unsere Liebe Frau vom Rosenkranz, dass Du Dich so für uns einsetzest und uns so viele wunderbare Gnaden der Bekehrung und der Heiligung vermittelst! Bitte für uns Sünder, jetzt und in der Stunde unseres Todes. Amen.